Für Streitigkeiten über Versorgungsansprüche eines Arbeitnehmers gegen die Niedersächsische Versorgungskasse, die nach ihrer Satzung unter anderem den Zweck hat, Angestellten ihrer Mitglieder, denen Ruhegehaltsberechtigung und Hinterbliebenenversorgung nach dem für niedersächsische Landesbeamte geltenden Vorschriften vertraglich zugesichert sind, Versorgungsbezüge zu zahlen, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben.
Bürgerlich-rechtliches Rechtsverhältnis
Das Rechtsverhältnis zwischen der beklagten Niedersächsischen Versorgungskasse und dem Kläger ist nicht öffentlich-rechtlicher, sondern bürgerlich-rechtlicher Natur.
Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist und ob letzterenfalls die ordentlichen Gerichte oder die Gerichte für Arbeitssachen zuständig sind, richtet sich, soweit wie hier keine Sonderzuweisung besteht, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgebend ist danach der Streitgegenstand. Der Streitgegenstand ist im Regelfall allein nach dem Klägervorbringen zu bestimmen, doch muss bei negativen Feststellungsklagen, die sich gegen entsprechende positive Berühmungen des Beklagten richten und darin ihren Gegenstand finden, auch der Vortrag des Beklagten herangezogen werden, um zu klären, welcher Natur die von ihm beanspruchten Rechte sind. Auf das Beklagtenvorbringen ist dabei jedoch nur abzustellen, soweit die Rechtsnatur der streitgegenständlichen Ansprüche nicht aus dem Klägervorbringen zur von ihm behaupteten Berühmung bestimmt werden kann. Dem Vorbringen der beklagten Partei kommt insoweit ergänzende Funktion zu. Maßgeblich ist die wahre Natur des Rechtsverhältnisses, nicht die vom Kläger vorgenommene rechtliche Zuordnung.
Für die Abgrenzung kann vorliegend nicht auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Zusatzversorgungskassen des öffentlichen Dienstes zurückgegriffen werden. Während die Zusatzversorgungskassen aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung Versicherungsleistungen gewähren, erfüllt die Beklagte originär den Arbeitgeber treffende Pflichten, in die sie gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 ihrer Satzung “eintritt”. Die Leistungspflicht der Beklagten endet gemäß § 15 Abs. 3 ihrer Satzung mit dem Ausscheiden des Mitglieds aus der Körperschaft. Die Einschaltung der Beklagten dient damit nicht einer zusätzlichen Absicherung der Arbeitnehmer, sondern geschieht im Interesse der Arbeitgeber an einer Abwicklung der Versorgungsleistungen durch die umlagefinanzierte Beklagte.
Ungeachtet der aufgezeigten Unterschiede zur Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes handelt es sich vorliegend, was auch die Parteien nicht anders sehen, gleichwohl nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Denn das Versorgungsverhältnis des Klägers zur Beklagten ist nicht öffentlich-rechtlich ausgestaltet, sondern die Beklagte tritt nach § 19 Abs. 2 Satz 2 ihrer Satzung in die versorgungsrechtlichen Verpflichtungen der Streithelferin ein, die dieser aufgrund des (früheren) Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger obliegen.
Zuständigkeit der Arbeitsgerichte
Der Bundesgerichtshof nimmt sodann die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte an:
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich für aus dem Arbeitsverhältnis folgende bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zuständig. Dazu gehört auch der Streit über Ansprüche auf eine im Arbeitsvertrag zugesagte betriebliche Altersversorgung. Die Beklagte ist jedoch nicht Arbeitgeberin des Klägers, sondern die von der Arbeitgeberin in die Abwicklung der Versorgungszusage eingeschaltete Versorgungskasse. Gemäß § 3 ArbGG begründet § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte aber auch dann, wenn der Rechtsstreit durch einen Rechtsnachfolger geführt wird. Die Beklagte ist in diesem Sinne Rechtsnachfolgerin der Arbeitgeberin.
Der Begriff der Rechtsnachfolge in § 3 ArbGG ist weit auszulegen. Es genügt, dass ein Dritter den Rechtsstreit “anstelle” der in den §§ 2, 2a ArbGG genannten Personen führt. Entscheidend ist die durch das Arbeitsverhältnis begründete Rechts- und Pflichtenzuständigkeit, die für die Rechtsbeziehungen maßgeblich ist. § 3 ArbGG will verhindern, dass der Wechsel der Prozesspartei dazu führt, dass Gerichte verschiedener Gerichtsbarkeiten über denselben Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis entscheiden müssen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Rechtsnachfolge unmittelbar aus dem Gesetz oder aus rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen folgt, ob der “Rechtsnachfolger” den Arbeitgeber als bisherigen Schuldner ersetzt oder neben ihm für die Schuld einsteht, die Erfüllung arbeitsrechtlicher Ansprüche also nur zusätzlich schuldet. Auch Schuldbeitritt, Verpfändung oder Pfändung von Ansprüchen, die gesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung oder die Haftung des Insolvenzverwalters wegen Nichterfüllung von Masseansprüchen gemäß § 61 InsO stellen Fälle der Rechtsnachfolge dar. Ähnliches gilt für die Inanspruchnahme einer Partei als vollmachtloser Vertreter, für Ansprüche nach den Grundsätzen der Konzernhaftung gegen die Konzernobergesellschaft, für Ansprüche eines nach § 328 BGB Berechtigten aufgrund des Arbeitsverhältnisses sowie für Ansprüche des Trägers der gesetzlichen Insolvenzsicherung gegen eine Gruppenunterstützungskasse. Auch wer für arbeitsrechtliche Ansprüche aus eigenständigem Rechtsgrund einstehen muss, ist Rechtsnachfolger im Sinne des § 3 ArbGG.
Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Arbeitsgerichte auch zur Entscheidung über die vom Kläger gestellten Klageanträge berufen.
Mit den negativen Feststellungsanträgen verfolgt der Kläger im Ergebnis die Feststellung, dass die Beklagte aus eigenem Recht nicht berechtigt ist, in Bezug auf die ihm durch die Streithelferin zugesagte beamtengleiche Altersversorgung jegliche Entscheidung zu treffen. Für diesen Rechtsstandpunkt stützt sich der Kläger maßgeblich auf die Regelung in § 8 des Dienstvertrags, der er entnehmen möchte, der Beklagten sei dort nur das Recht eingeräumt worden, die ruhegehaltfähige Dienstzeit festzusetzen; § 19 der Satzung der Beklagten könne dieser keine weitergehenden Rechte verschaffen. Der Beklagten wiederum hält er vor, sie berühme sich für die Dauer der Mitgliedschaft hinsichtlich der versorgungsrechtlichen Verpflichtungen zu Unrecht der Rechte der Vertragsarbeitgeberin aus dem Valutaverhältnis. Damit ist Gegenstand dieser Anträge, ob zwischen den Parteien eine arbeitsrechtliche Beziehung besteht oder nicht.
Auch hinsichtlich der übrigen Klageanträge folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, § 3 ArbGG die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte. Der Kläger verfolgt insoweit im Wege der Feststellungs, Unterlassungs- und Leistungsklage Rechte, die sowohl im Falle eines unmittelbaren Eintretens der Beklagten in die aus dem Arbeitsverhältnis folgenden Rechte und Pflichten als auch dann in Betracht kommen, wenn die Rechtsbeziehung des Klägers zur Beklagten, wie der Kläger geltend macht, von der Kongregation durch gesonderte privatrechtliche Vereinbarungen begründet wurde. Der Kläger geht selbst von einer mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung der Arbeitgeberin aus dem Valutaverhältnis korrespondierenden Leistungspflicht der Beklagten aus dem Deckungsverhältnis aus. Dieses Verständnis entspricht bei Annahme eines vom Arbeitsvertrag (Valutaverhältnis) zu trennenden privatrechtlichen Deckungsverhältnisses dem § 19 Abs. 2 der Satzung, der gemäß § 18 Abs. 3 auf Angestellte mit vertraglicher Zusicherung beamtengleicher Versorgung sinngemäß anzuwenden ist. Danach werden die Leistungen als eigene Aufgabe der Beklagten erfüllt und tritt die Kasse insofern für die Dauer der Mitgliedschaft in die versorgungsrechtlichen Verpflichtungen der Mitglieder ein. Auch wenn die Beklagte damit nicht unmittelbar in den Arbeitsvertrag eingerückt sein sollte, so tritt sie – soweit ihre Verpflichtung reicht – in der Abwicklung und Auszahlung der Versorgungsansprüche doch an die Stelle der Arbeitgeberin und ist damit – auch wenn ihre Verpflichtung gegenüber dem Kläger auf einem eigenen Rechtsgrund (dem Deckungsverhältnis) beruht – Rechtsnachfolgerin im Sinne des § 3 ArbGG.
Soweit die Rechtsbeschwerde die “Rechtsnachfolge” mit dem Argument zu leugnen versucht, die Beklagte treffe im Verhältnis zum Kläger eine originäre Pflicht, weil die Streithelferin nur verpflichtet sei, die notwendigen Umlagen zu erbringen, übersieht sie, dass die Direktzusage der Streithelferin Grundlage für die vom Kläger in Anspruch genommenen Rechte ist. Für die Anwendung des § 3 ArbGG ist es auch ohne Belang, dass die Beklagte eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist und nicht der Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG unterfällt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Juli 2011 – III ZB 75/10