Die Revision gegen ein landesarbeitsgerichtliches Urteil ist zuzulassen, wenn ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geltend gemacht wird und vorliegt (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG). Hierzu gehört grundsätzlich auch die Rüge der nicht gesetzmäßigen Vertretung einer Partei im Verfahren nach § 547 Nr. 4 ZPO. Dieser Zulassungsgrund kann jedoch nur von der Partei geltend gemacht werden, um deren Vertretung es dabei geht.
In dem jetzt vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Verfahren hatte die Klägerin ihre Beschwerde darauf gestützt, dass die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vertreten war, weil deren Prozessbevollmächtigter zwar zugelassener Rechtsanwalt, jedoch – zumindest zeitweise – gleichzeitig auch Personalleiter der Beklagten war. Das Bundesarbeitsgericht hielt diese Nichtzulassungsbbeschwerde für unzulässig:
Die gesetzlichen Vorschriften über die Vertretung einer Partei im Prozess dienen dem Schutz der vertretenen Partei. Allein sie soll davor geschützt werden, dass sie ihre prozessualen Rechte nicht wahrnehmen konnte, weil sie nicht gesetzlich vertreten war. Das Fehlen der Vertretungsmacht eines für einen von ihm Vertretenen Handelnden berührt und beschwert nur den Vertretenen, falls diese die Erklärungen und Handlungen seines Vertreters nicht gegen sich gelten lassen will. Ein solcher Mangel kann daher nur von der Partei geltend gemacht werden, die in dem vorangegangenen Rechtsstreit nicht ordnungsgemäß vertreten war, nicht aber auch von ihrem Prozessgegner. Dies gilt auch für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Eine Beschwer durch eine mangelhafte Vertretung der Gegenseite ist auch dann ausgeschlossen, wenn und soweit die Gegenseite im Rechtsstreit erfolgreich geblieben ist. Auf dem Vertretungsmangel kann die Entscheidung nicht beruhen.
Im Übrigen wäre die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot aus § 46 Abs. 1 BRAO allein die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des Rechtsanwaltsvertrages und nicht die Unwirksamkeit der von dem Prozessbevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen.
Nach § 46 Abs. 1 BRAO darf ein Rechtsanwalt für einen Auftraggeber, dem er auf Grund eines ständigen Dienstverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft zur Verfügung stellen muss, vor Gerichten nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig werden. Ist ein gleichwohl unter Verstoß gegen § 46 Abs. 1 BRAO geschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag vereinbart worden, so ist dieser gemäß § 134 BGB nichtig, was z.B. zur Folge hat, dass der Rechtsanwalt keine Gebührenansprüche gegen seinen Auftraggeber geltend machen kann.
Die Verletzung der Berufspflichten eines Rechtsanwalts machen die prozessualen Handlungen, die er vorgenommen hat, jedoch nicht unwirksam. Die erteilte Prozessvollmacht hat im Hinblick auf das Abstraktionsprinzip Bestand. Das Erfordernis einer besonderen Postulationsfähigkeit dient dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Gang des Verfahrens und dem Interesse des Beteiligten an ordnungsgemäßer Beratung. Um diese Zwecke zu erreichen, schreibt das Gesetz eine bestimmte Form prozessualen Handelns vor. Es liegt jedoch in der Verantwortung des handlungsfähigen Beteiligten, eine vertretungsberechtigte Person auszuwählen, die für ihn vor Gericht wirksam handeln kann. Besitzt der von der Partei ausgewählte Vertreter diese Fähigkeit nicht, beruht die Gerichtsentscheidung nicht darauf, dass dem Beteiligten verwehrt wurde, in Bezug auf das Verfahren sein Selbstbestimmungsrecht auszuüben. Soweit der Prozessbevollmächtigte die Prozesshandlungen – wie vorliegend – nach außen erkennbar in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt und nicht als Angestellter einer Partei wahrgenommen hat, sind sie wirksam.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 9. September 2010 – 4 AZN 354/10