Kann ein Arbeitnehmer von einem Dritten Schadensersatz wegen des Verdienstausfalls beanspruchen, der ihm durch die Arbeitsunfähigkeit entstanden ist, so geht dieser Anspruch in Höhe der erfolgten Lohnfortzahlung auf den Arbeitgeber über, § 6 EFZG.
Dieser Anspruchsübergang nach § 6 EFZG verändert nicht den Charakter des Schadensersatzanspruchs. Ein nach § 6 EFZG übergehender Ersatzanspruch muss nicht stets allgemein bürgerlich-rechtlicher Art sein; eine Qualifizierung des Anspruchs als arbeitsrechtlicher Natur (mit der Folge der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte) ist etwa dann begründet, wenn ein Arbeitnehmer in mehreren Arbeitsverhältnissen steht und die von dem einen Arbeitgeber zu verantwortende Schädigung zu Arbeitsunfähigkeit und Lohnfortzahlung im anderen Arbeitsverhältnis führt.
Würde der Arbeitnehmer selbst gegenüber seinem (Zweit-)Arbeitgeber Ansprüche wegen des Arbeitsunfalls geltend machen, wäre in jedem Fall die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gem. § 2 Abs. 1 Ziff. 3 ArbGG begründet. Dies gilt unabhängig davon, ob man wegen der behaupteten Pflichtverletzung auf § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag abstellt (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. a) ArbGG) oder auf die Verletzung von allgemeinen Verkehrssicherungspflichten gem. § 823 BGB (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. d) ArbGG).
Die (Erst-)Arbeitgeberin macht diesen auf ihn übergegangenen Anspruch ihres Arbeitnehmers geltend. Sie hat nicht etwa originär eigene Ansprüche gegen einen Schädiger wegen der zu erbringenden Lohnfortzahlung, sondern kann nur aus übergegangenem Recht aufgrund der in § 6 EFZG angeordneten cessio legis vorgehen. Diese cessio legis erfasst gleichermaßen den Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wie auch den Anspruch aus § 823 BGB. Sie vermag den arbeitsrechtlichen Charakter des geltend gemachten Anspruchs nicht zu verändern.
Gleichwohl wäre die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte an sich zu verneinen in solchen Fällen aufgrund der auch subjektiven Anknüpfung in § 2 ArbGG (etwa Abs. 1 Ziff. 3: „zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern“). § 3 ArbGG ordnet jedoch an, dass eine nach § 2 begründete Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch in solchen Fällen der Rechtsnachfolge (hier: gesetzliche Einzelrechtsnachfolge) besteht. Allein die Tatsache eines Anspruchsübergangs soll nicht dazu führen, dass Ansprüche arbeitsrechtlichen Charakters nicht mehr vor den Arbeitsgerichten zu klären sind.
In der Tat freilich wird weitestgehend in der Kommentierung zu § 6 EFZG ausgeführt, der Anspruchsübergang verändere nicht den Charakter des Schadensersatzanspruchs; dieser bleibe ein allgemein bürgerlich-rechtlicher Schadensersatzanspruch, der folglich nicht vor den Arbeitsgerichten, sondern vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen sei. Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte komme nur gem. § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG in Betracht, wenn es sich beim Schädiger um einen Arbeitskollegen handele.
Richtig ist, dass ein gesetzlicher Forderungsübergang grundsätzlich den Charakter eines Anspruchs nicht berührt. Soweit aber gesagt wird, der in § 6 EFZG erfasste Ersatzanspruch des Arbeitnehmers sei stets ein allgemein bürgerlich-rechtlicher Anspruch (und nicht etwa ein spezifisch arbeitsrechtlicher), fehlt jede Begründung. Eine Begründung hierfür ist auch nicht zu geben, denn in dieser Allgemeinheit ist der Satz falsch. Dies wird bereits deutlich aus dem Hinweis auf die Fallkonstellation nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG (Arbeitskollege als Schädiger). Dass allein diese Fallkonstellation als mögliche Ausnahme angeführt wird, liegt ersichtlich daran, dass die hier zu klärende Fallgestaltung nicht in den Blick genommen wird, die wohl tatsächlich einen seltenen Ausnahmefall darstellt – dass nämlich ein Arbeitnehmer in mehreren Arbeitsverhältnissen steht und die von dem einen Arbeitgeber zu verantwortende Schädigung zu Arbeitsunfähigkeit und Lohnfortzahlung im anderen Arbeitsverhältnis führt. Wie aber bereits dargelegt, ist der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers in einem solchen Fall unzweifelhaft arbeitsrechtlicher Natur.
Landgericht Ravensburg, Beschluss vom 15. März 2010 – 4 O 416/09